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BAG Urteil vom 27.05.2020 - Kein Annahmeverzugslohn bei fehlender Auskunft hinsichtlich anderweitigen Erwerbs

Bereits im Jahre 2020 hat das Bundes­arbeits­gericht (BAG, Urt. v. 27.05.2020 – 5 AZR 387/19) eine begrüßenswerte Entscheidung zum Annahmeverzugslohn und zur Auskunft hinsichtlich anderweitigen Erwerbs getroffen.

Danach ist der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber zur Auskunft über Vermittlungsangebote der Agentur für Arbeit und des Jobcenters verpflichtet, wenn er Vergütung wegen Annahmeverzugs fordert und die Einwendung böswilligen unterlassenen anderweitigen Erwerbs wahrscheinlich begründet ist.

Das BAG hatte zudem explizit darauf hingewiesen, nicht mehr an der ursprünglichen Rechtsauffassung festzuhalten, wonach nicht einmal das Unterlassen der Meldung des Arbeitnehmers beim Arbeitsamt (heute Agentur für Arbeit) als arbeitssuchend das Merkmal des böswilligen Unterlassens erfülle und den Arbeitnehmer keine Obliegenheit treffe, die Vermittlung der Bundesanstalt für Arbeit in Anspruch zu nehmen (Rn. 47).

Zudem hatte das BAG festgestellt, dass für die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs des Arbeitgebers die Erhebung einer Widerklage möglich, aber nicht erforderlich ist. So heißt es in dem Urteil, prozessual naheliegender und dem Beschleunigungsgrundsatz eher entsprechend ist es, die Auskunft in die Verteilung der Darlegungslast zu integrieren (Rn. 27).

Diesem Urteil zugrundeliegend konnte der Unter­nehmer­verband Frankfurt Rhein Main e.V. nun, in Anwendung dieser Grundsätze, für eines ihrer Mitglieds­­unternehmen erstinstanzlich erfolgreich Annahmeverzugslohnansprüche abwehren.

So hat das Arbeits­gericht Stuttgart mit Urteil vom 23.02.2023, Az. 25 Ca 956/22 festgestellt, dass kein Annahmeverzugslohn bei fehlender Auskunft des Arbeitnehmers über anderweitigen Erwerb zu zahlen ist.

In dem Verfahren begehrte ein klagender Arbeitnehmer nach Obsiegen eines vorangegangenen Kündigungs­schutz­prozesses gegen die beklagte Arbeitgeberin die Zahlung von Annahmeverzugslohn. Die beklagte Arbeitgeberin stellte die Behauptung auf, dass es dem klagenden Arbeitnehmer möglich war, einer anderweitigen und höher dotierten Tätigkeit nachzugehen und forderte zur Auskunftserteilung auf. Dem Verlangen der Beklagten, Auskunft über anderweitige Verdienstmöglichkeiten und die Vermittlungsvorschläge der Bundesagentur für Arbeit zu erteilen, kam der Kläger allerdings nicht nach. Dies führte dazu, dass er sich in voller Höhe einen hypothetischen Erwerb gemäß § 11 Nr. 2 KSchG anrechnen lassen musste, sodass bereits die Entstehung eines Annahmeverzugsanspruchs verhindert wird. Die Klage wurde anschließend – in konsequenter Anwendung der üblichen Grundsätze zur abgestuften Darlegungslast – nicht nur als zurzeit unbegründet abgewiesen, sondern insgesamt als unbegründet abgewiesen.

Fazit: Das BAG hatte bereits durch seine Entscheidung vom 27.05.2020 die Auskunftspflicht des Arbeitnehmers festgestellt. Das Arbeits­gericht Stuttgart hat diese Grundsätze nun konsequent angewandt. Entsprechend kann für Arbeitgeber die Geltendmachung der § 11 Nr. 2 KSchG / § 615 S. 2 BGB nun ein wirksames Instrument sein, um nach langjährigen Kündigungs­schutz­prozessen hohen Annahmeverzugsansprüchen zu entgehen.